Wann verliert sich der Tunnelblick unserer „Eliten“ in Politik und Medien?
Kurz nach dem Desaster der Trump-Wahl war man sich global scheinbar einig, dass der unerwartete Erfolg eines so vielfach diskreditierten Mannes allein darauf beruhe, dass die gesellschaftlichen „Eliten“ die Sorgen der wirtschaftlich und sozial „abgehängten“ Wähler nie ernst genommen hatten. Das gleiche Erklärungsmuster passt auch für europäische Staaten, in denen Rechtsaußenparteien erkleckliche Wahlerfolge erzielten. Doch warum haben diese „Eliten“ nichts daraus gelernt?
Woran liegt es, dass Bürger aus Landesteilen, in denen bisher wenige Einwanderer lebten, Angst haben vor Einwanderung? Wie kann es sein, dass so viele auf die Straße gehen, um gegen die Einwanderungspolitik zu demonstrieren?
Unsere „Eliten“ ignorieren weiter die Sorgen der Bürger nach dem Motto „was nicht sein darf, das nicht sein kann.“ Grob vereinfachend mag gelten, je höher der individuelle Bildungsstand, je mehr Auslandsreisen und -kontakte die Biographie aufweist, desto offener ist ein Mensch gegenüber Fremden. Die biologische Verhaltensforschung hat schon in den 70er und 80er Jahren gut erklären können, worauf Xenophobie (Angst vor Fremden) und auch „Zwischengruppenaggression“ bei Tier und Mensch beruhen.
Es ist eine absolute Zivilisationsleistung, dass heute viele Menschen keine Angst vor Fremden mehr empfinden, aber es ist nicht unser Naturzustand. Das sollte man sich klarmachen, bevor man seine Verachtung zeigt gegenüber den „Abgehängten“ auf dem Land oder im Osten oder wo immer man dieses Feindbild verortet. Nein, das „katholische Mädchen vom Lande“ geht sicher nicht zu Pegida-Demos angesichts ungesteuerter Einwanderung. Doch von den Bildungsgewinnern unserer Gesellschaft darf man erwarten, dass sie mehr Empathie aufbringen für die einfachen, wenig gebildeten Leute, die nun stärker als bisher um Wohnungen (bald auch Arbeitsplätze) konkurrieren müssen.
Die Crux der missratenen Einwanderungspolitik ist, dass diejenigen, die sie entschieden haben, an keinem Punkt ihres Alltags mit den Folgen konfrontiert werden – wohl aber diejenigen, die seit Monaten auf die Straße gehen und demonstrieren. Wann weitet sich der Tunnelblick, wann lernen unsere „Eliten“ endlich dazu?