Die schöne, heile Fahrzeug(um)welt der 80er Jahre ist perdu
Es war einmal eine Automobilbranche in einem der reichsten Länder der Welt, die entwickelte tagaus, tagein sparsamere Fahrzeuge. Es muss mit dem Schock der Ölkrise 1973 begonnen haben. Damals begab es sich, dass der Kraftstoffverbrauch zum Wohle von Umwelt und Autokäufern minimiert werden sollte. Rührige Entwicklungsingenieure optimierten die Motorleistung und erforschten im Windkanal, welches Karosseriedesign den geringsten Spritverbrauch bedeutete. Bisweilen wurden Stardesigner engagiert, die optisch sehr attraktive Fahrzeuge gestalteten.
Sogar komplette Physik-Agnostiker fachsimpelten damals über den „cw-Wert“ (gesprochen: „zeh-weh“), weniger um als Sparfuchs oder Öko-Aktivist, mehr um als gewiefter Autokenner zu punkten. Nicht wenigen gefiel die neue Ästhetik, hatte der windkanalgestylte Flunderlook doch erhebliche Ähnlichkeit mit den Boliden der Formel 1.
Eine vergessene Welt.
Heute: Die weltweiten Rohölreserven – begrenzt oder angezählt – liegen in der Hand von autoritären Plutokraten. Und der Benzinpreis ist Spielball der stets treulich jede Preisabsprache verneinenden Mineralölkonzerne, deren Raffgier nur durch ihren Erfindungsreichtum übertroffen wird, wenn es um wohlfeile Ausreden für eine abermalige Erhöhung der Spritpreise geht. Doch längst hat sich beim übersättigten deutschen Verbraucher die „Ich-will-Spaß-ich-geb´-Gas“-Mentalität eingestellt, ein resignativer Zug angesichts der eigenen Machtlosigkeit.
Und kost´ Benzin auch drei Mark zehn…
Denn was ist davon zu halten, dass seit Jahr und Tag der Anteil der panzerwagengroßen Ungetüme unter den Neuzulassungen hierzulande ansteigt? Viele von ihnen verbrauchen das Dreifache eines bisherigen „Mittelklassewagens“ – der Ausdruck gehört nun revidiert. Die spritfressenden Monster sind die neuen Mittelklassewagen. Und deren Entwicklungsingenieure denken bei „Windkanal“ wahrscheinlich eher an das neueste Helene-Fischer-Video als an die Messung von Strömungswiderstandskoeffizienten.
Der Spritpreis ist offenkundig sch…egal, wenn es um das Gefühl eigener Sicherheit oder Erhabenheit geht. Und diese lässt sich in unserer überalternden Gesellschaft nicht mehr durch acht oder 16 Zylinder demonstrieren, schließlich hat der durchschnittliche Neuwagenkäufer „Rücken“ seit seinem 30. Geburtstag, der beim ersten Neuwagenkauf schon Dekaden zurückliegen kann. Oder ist der Erfolg der SUV nun ein Selbstläufer, weil gedankenlose Käufer schlicht das Aufgehen im Mainstream wollen?
Mit dieser Schizophrenie haben sich die Deutschen arrangiert: Weltmeister in Mülltrennung sein und schäfchenfromme Zahler unfassbar hoher Subventionen für erneuerbare Energien, aber gleichzeitig mit einer unbedarften „Hoppla-jetzt-komm´-ich-Denke“ die Atemluft ihrer Mitmenschen zu verräuchern, vom Klimaschutzvorbild für andere Nationen ganz zu schweigen.
Es wird schon gehen. Für eine Weile.