Es gibt sie auf jeder Dorfstraße, jeder Landstraße, jeder Autobahn, leider auch auf Spielstraßen und in verkehrsberuhigten Zonen: jede Menge Leute, die falsch fahren. Doch da! Im Radio reden sie wieder von einem „Falschfahrer“. Was daran berichtenswert sein soll, frage ich mich. Die Leute fahren andauernd und mit Inbrunst und unbelehrbar falsch, das fängt mit dem mangelhaften Abstand beim Überholen eines Radfahrers an und endet nicht mit dem stumpfsinnigen Einfahren in eine lange Engstelle, wenn geradeaus deutlich zu sehen ist, dass Gegenverkehr weitaus früher in diese Engstelle hineingefahren ist. Manche leicht erschließbare, weil lebenspraktische Verkehrsregel ist offenbar zu komplex für den durchschnittlichen Führerscheininhaber. Allerdings stelle ich mich immer öfter darauf ein, dass ein Gutteil der motorisierten Verkehrsteilnehmer überhaupt niemals eine Fahrerlaubnis erworben hat, oder können die Leute derartig vergesslich sein?
Zurück zu den oft Radiomeldungen auslösenden „Falschfahrern“. Irgendeine politische Korrektheit zur Berücksichtigung des identitären Wohlbefindens von Geistern, Gespenstern und anderen entleibten Existenzen muss im Laufe der vergangenen 20 Jahre dazu geführt haben, dass der gute alte Begriff des „Geisterfahrers“ verpönt ist. Dieser war eindeutig, jedermann konnte ihn verstehen, doch das Wort muss wohl die zarten Gefühle der Geisteswelt verletzt haben.
So dient den Radioleuten heute der unübertroffen schwammige Ausdruck „Falschfahrer“ als unbeholfener Ersatzbegriff für jene Mitbürger, die offenbar eine Autobahn nicht als Autobahn erkennen, eine Leitplanke für ein alltägliches Landschaftselement nehmen oder sich womöglich durch ungeschickte Wendemanöver in den Schlaufen und Schleifen von Autobahnkreuzen und -auffahrten einfach falsch eingeordnet haben.
Mit Blick auf unsere jämmerliche demographische Entwicklung schlage ich vor, dass nach der quasi mit dem Holzhammer eingetrichterten Rettungsgassen-Kampagne nun eine Aufklärungskampagne startet, was denn der Geisterfahrer, pardon, Falschfahrer zu tun habe, wenn er schließlich merkt, dass er gegen die erlaubte Fahrtrichtung unterwegs ist. Unzählige Kurz-, Weit- und Schlechtsichtige oder durch Nebel, Alkohol, Medikamente oder Kreislaufschwäche Verwirrte werden es den Radiosendern danken – ganz zu schweigen von uns „Richtigfahrern“, die das Fahren auf der linken Spur einer Autobahn bisweilen mit dem Leben bezahlen.